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Goldbräu

nett: 4 PunkteDer cleverste Wirt gewinnt

von Franz-Benno Delonge

Hanser / Zoch

ca. 28 €

- nicht mehr lieferbar -

bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeit mittel (ab ca. 12 Jahre)

Verpackung −

2005

Im Katalog des Carl Hanser Verlags findet sich Goldbräu tatsächlich im Kapitel „Wirtschaftsbücher“. Buch stimmt zwar nicht, aber Wirtschaft ist richtig – denn (um das Zitat eines mittlerweile verstorbenen Ex-Wirtschaftsministers abzuwandeln) wo soll Wirtschaft denn sonst stattfinden, als in der Wirtschaft?

Damit dieses Wirtschaftsspiel gut funktioniert, hat sich Hanser auf einen erfahrenen Kooperationspartner verlassen: Zoch. Und das Spiel lässt sich tatsächlich sehr gut an. Denn Goldbräu liegt ein Stapel Bierdeckel bei. Doch die Enttäuschung folgt schnell. Leider ist es Zoch nicht gelungen, die Bierdeckel wirklich in den Spielablauf zu integrieren. Wahrscheinlich erschien auch einem Münchener Verlag die Anweisung „Glas auf ex trinken“ angesichts der ortstypischen Maßkrüge zu gewagt. Wir haben es uns trotzdem nicht nehmen lassen, die Bierdeckel adäquat zu nutzen.

Sechs Gaststätten befinden sich rings um ein lauschiges Biergartengelände. Etwas außerhalb liegen vier Brauereien. Welche Aktion ein Spieler machen möchte, muss er zunächst geheim entscheiden. Dazu legt er eine seiner drei Aktionskarten verdeckt auf den Tisch. Und dann decken alle Spieler gleichzeitig ihre Karte auf.

Drei mögliche Aktionskarten gibt es. Mit der ersten Karte kann ich einen Anteilsschein einer der Wirtschaften oder eines Brauhauses kaufen. Ich kann dabei zwischen zwei offenen Karten und dem verdeckten Stapel auswählen. Mit der zweiten Aktionskarte kann ich einen Pöppel meiner Farbe zum Geschäftsführer einer dieser Gaststätten beziehungsweise Brauereien machen, indem ich den Vorgänger rausschmeiße. Voraussetzung ist, dass ich wenigstens einen Anteilsschein dieses Betriebes besitze und kein Mitspieler mehr als 50 Prozent der Aktien inne hat. Alternativ zur Ernennung eines Geschäftsführers kann ich zwei meiner bereits engagierten Geschäftsführer anweisen, einen Biervertrag zwischen der betreffenden Wirtschaft und der Brauerei abzuschließen. Denn jeder Biergarten ist exklusiv an einen Bierlieferanten gebunden. Die dritte Aktionskarte ermöglicht, einen Biergarten um einen Tisch erweitert. Das geschieht ähnlich wie bei Löwenherz, allerdings gibt es keine bewaffneten Ritter, die einen gegnerischen Tisch erobern können.

Günstig ist es, wenn ich mich alleine für eine bestimmte Aktionskarte entschieden habe. Dann kann ich eine Aktion entweder doppelt machen, oder ich bekomme beim Kauf der Anteilsscheine Rabatt.

Nach sieben Runden ist die erste Woche vorbei, und es gibt die erste von drei Abrechnungen. Dabei ist das Wertungsprinzip so einleuchtend und logisch, wie auch der bisherige Spielablauf viel Hoffnung auf ein spannendes Spiel gemacht hat. Zunächst wird der Wert jeder einzelnen Gastwirtschaft ermittelt: pro Tisch vier Taler, Tische mit Sonnenschirm zählen doppelt. Das Geld wird zur Hälfte auf die vertraglich zugeordnete Brauerei gelegt, die andere Hälfte wird mathematisch korrekt auf die Anteilseigner der Gaststätte verteilt. Wenn ein Restbetrag übrig bleibt, bekommt dies der Kneipengeschäftsführer als Gehalt. Wenn alle Gaststätten entsprechend abgerechnet sind, bekommen die Anteilseigner der einzelnen Brauhäuser ihr Geld – der Rest ist auch hier für den Geschäftsführer.

Doch leider hakt hier das Spiel – je nach Bierkonsum – bereits mehr oder weniger. Denn diese Kopfrechenoperationen liegen wahrlich nicht jedem. Und in der Zahltagstabelle, die dem Spiel beiliegt, finde ich die entsprechenden Zahlen auch nicht schneller. Da hilft eigentlich nur ein Kopfrechenkünstler im Spielekreis, der mit bleifreiem Gerstensaft vorlieb nimmt.

Der zweite Haken des Spiels fällt noch stärker ins Gewicht. Das sind nämlich zwei Chips, die auch thematisch aus dem Rahmen dieses witzig-seriösen Wirtschaftsspiels fallen und es ins Alberne abdrängen.

In einem Biergarten liegt der Chip „Trunkenbold“. Er ist jedoch nicht der umsatzbringende Alkoholiker, über den sich jeder geschäftstüchtige Wirt freut. Sondern er bringt für den betroffenen Biergarten 12 Punkte Miese – offensichtlich ist ein Zechpreller gemeint. Der zweite Chip ist die „Schöne Kellnerin“. Sie bedeutet 20 Punkte plus.

20 Punkte – das sind fünf Tische, was im Vergleich zu den recht kleinen Biergärten enorm ist. Damit kommt diesem Chip eine sehr große Bedeutung zu. Wer dort Anteile hat, wo die Kellnerin steht, ist optimal positioniert. Und wer dann noch die passenden Brauereianteile besitzt, hat beinahe ausgesorgt. Bis die Kellnerin wieder geht.

Die Karten, die ein Weiterziehen der Chips um null, ein oder zwei Kneipen bedeuten, sind im Stapel der Anteilskarten untergemischt. Im Laufe der Zeit wird das Spiel etwas einseitig. Alle interessieren sich jetzt meistens nur noch für die Aktion, für die man eine solche Karte kaufen kann. Bis gegebenenfalls alle sechs Kellnerinnen-Karten weg sind. Dann steht der vermutlich umsatzstärkste Garten bis zum Spielende fest.

„Trunkenbold“ und „Kellnerin“ machen den zunächst guten Eindruck zunichte. Sie wirken irgendwie draufgesetzt – thematisch, grafisch und leider auch im Spielablauf. Goldbräu ist ein Spiel das stark anfängt, dann aber immer mehr in anstrengender Kopfrechnerei und vollbusigen Kellnerinnen versandet. Nur das reinheitsgeboteinhaltende Bier, regelmäßig nachgeschenkt, garantiert eine gleich bleibende Qualität. Nur leider war es gar nicht in der Schachtel enthalten. Wäre ja auch ein kurzer Spaß …

© Harald Schrapers 2005–07