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Jenseits von Theben

schön: 5 Punktegames we play Tip: Das TOPspielvon Peter Prinz

Queen (Redaktion: Bernd Dietrich)

ca. 34 €

– nicht mehr lieferbar –

2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

nominiert für das Spiel des Jahres 2007

9. Platz Deutscher Spiele Preis 2007

Es ist selten, dass ich von einem Spiel bereits beim ersten Auspacken begeistert bin. Bei Jenseits von Theben war dies der Fall. Spiele, die auf einer Landkarte stattfinden, mag ich eh sehr gern. Denn das Hin- und Herfahren ist ein griffiges Thema, das sehr oft passt.

Nun gibt es Eisenbahn-, Auto- und Postkutschenspiele schon zu genüge. Deswegen brilliert Jenseits von Theben mit einem Thema, das man zunächst gar nicht als Landkarte vermutet hätte: Archäologie. Aber schon das Überfliegen der Spielanleitung zeigt, dass dieses Thema eine absolut einleuchtende Idee ist. In Mitteleuropa erwerbe ich Wissen und Bücher. In den bekannten Ausgrabungsländern von Griechenland bis Mesopotamien suche ich nach Alterstümlichkeiten. Und die stelle ich anschließend in den Museen Europas aus. Auf der Zählleiste werden nicht die üblichen Siegpunkte abgezeichnet, sondern die Zeit. Das erinnert an In 80 Tagen um die Welt.

Im Vier-Personen-Spiel hat jeder Spieler zwei mal 52 Wochen zur Verfügung. Zu dritt sind es zweieinhalb Jahre, und zu zweit – auch so lässt es sich gut spielen – drei Jahre. Die Wege mit den Spielfiguren, die zwischen den Orten zurückgelegt werden, werden in Wochen gemessen. Und das Aufnehmen von Spielkarten sowie das Graben kostet ebenso Zeit.

Bei den wichtigsten Spielkarten handelt es sich um Bücher. Je nach Farbe des Buchs bedeutet dies einen Wissenspunkt für einen bestimmten Ausgrabungsort. Dort angelangt, muss man seine „Chronokel“ genannte Drehscheibe auf die mitgebrachten Wissenspunkte einstellen. Dann kann ich erkennen, wie viele Wochen ich für eine bestimmte Menge Pappplättchen investieren muss. Wenn ich mich entschieden habe greife ich in den Stoffbeutel in der Farbe des Ausgrabungsortes.

Und jetzt kommt die große „Enttäuschung“. Ich greife nach den Plättchen und grabe in erster Linie Sand und Schutt aus – so wie im wirklichen Leben eines Archäologen. Und dazwischen finde ich vielleicht auch mal den einen oder anderen Gegenstand, der die begehrten Siegpunkte bedeutet. Mit „Enttäuschung“ meine ich: Jenseits von Theben ist nun mal kein Strategiespiel. Sondern es hat einen erheblichen Glückscharakter, was aber sehr schön zu einem Spiel, das die Unwägbarkeiten der Archäologie thematisiert, passt. Zumal das verzweifelte Wühlen in den Beuteln dem Spiel ordentlich Spannung verleiht. Und das gespielte „Mitleid“ der Mitspieler ist einem sicher, wenn die Grabung mal wieder überaus erfolglos war. Wer Frust nicht aushält, sollte einen großen Bogen um dieses Spiel machen.

Gefundene Schätze können noch ein zweites Mal zu Siegpunkten gemacht werden. Einige der Spielkarten in Europa stellen eine Museumsausstellung dar. Wer die richtige Kombination aus Ausgrabungsobjekten verschiedener Länder besitzt, kann sich eine solche Spielkarte mit den entsprechenden Punkten sichern.

Das Zeitmanagement dieses Spiels stellt einen ganz besonderen Reiz dar. Immer derjenige, der bislang am wenigsten Zeit verbraucht hat, ist an der Reihe. Ich muss gucken, wie ich zeitökonomisch sinnvoll meine Züge plane. Denn pro Jahr und Ausgrabungsort habe ich nur eine Grabungserlaubnis. Ich versuche also zunächst in Europa die notwendigen Wissenspunkte zu sammeln und dann noch im ersten Jahr wichtige Ausgrabungen zu starten.

Auch wenn Jenseits von Theben recht glücksorientiert ist – banal ist der Spielablauf auf keinen Fall. Sondern man sollte sich Gedanken über einen punkteträchtigen Ablauf machen. Gerade wenn es auf das Spielende zugeht ist das wichtig, denn das Graben ist zunehmend riskant geworden. Die Spieler werfen die leeren Plättchen, den Sand, immer wieder in die Stoffbeutel zurück, so dass das Nieten-Gewinn-Verhältnis stetig ungünstiger wird.

Zuerst dauerte Jenseits von Theben geschlagene zwei Stunden. Heute schaffe ich das in 90 Minuten. Für ein eher strategisches Spiel wäre dies eine angemessene Zeit, aber für ein glücksorientiertes Spiel? Ich jedenfalls habe mich hier noch nie gelangweilt. Lange überlegen muss man meist eh nicht, so lässt es sich flott spielen. Es ist eher so, dass ich im Vier-Personen-Spiel manchmal länger gespielt hätte, als die vorgegebenen zwei Jahre. Denn meine Sammlung von Wissenspunkten konnte ich noch gar nicht richtig ausspielen.

Queen hat das ursprünglich 2004 von Peter Prinz mit sehr geringer Auflage im Eigenverlag veröffentlichte Spiel einem großen Publikum zugänglich gemacht. Die Neuauflage ist absolut gelungen. Jenseits von Theben ist ein tolles abendfüllendes Unterhaltungsspiel.

© Harald Schrapers 2007–12