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Kimaloé

nett: 4 Punktevon Malcolm Braff, Dominique Erhard und Sébastien Pauchon

GameWorks (Vertrieb: Asmodee)

ca. 35 € 

– nicht mehr lieferbar –

3 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeitsehr einfach (ab ca. 8 Jahre)

2009

Kimaloé ist ein sehr ernstes Spiel. Es geht um die Kinderrechte, niedergelegt in der Kinderrechte-Konvention der Vereinten Nationen. Dies ist eine Charta, die bis heute Deutschland nicht vollständig ratifiziert hat. Es sind die Rechte von Flüchtlingskindern, die auf den Widerstand einiger unionsgeführten Landesregierungen stoßen und somit die notwendige Bundesratsmehrheit verhindern. Doch um diese innenpolitischen Blockaden geht es in diesem für Terre des Homme Schweiz entwickelten Spiel nicht. Sondern wir wollen Kindern in den zumeist armen Ländern dieser Welt helfen, dass ihre fundamentalen Rechte gewahrt sind.

Ein interessantes Spielbrett breitet sich auf dem Tisch aus. Eine Weltkugel mit sechs Erteilseiten liegt in der Mitte. An eine Erdteilseite wird die Siegpunktleiste angelegt, an die anderen Seiten kommen fünf der überdimensional großen Spielkarten.

Jede Spielkarte steht für ein Kinderschicksal. Welche Kinderrechte dem einzelnen Kind vorenthalten werden, zeigen Symbole auf den jeweiligen Karten an. Neun besonders wichtige Kinderrechte sind im Spiel, die Spielkärtchen auf der Hand der Mitspieler stehen für die Rechte.

Ein Spieler würfelt und geht mit seiner Lastwagen-Figur entsprechend weit. Wer die auf dem LKW geladene Kiste entlädt, darf seinen Würfelwurf um ein Feld modifizieren.

Auf dem Ziel-Erdteil kann der Spieler dem dortigen Kind helfen, indem er mit passenden Handkarten hilft. Damit verdeckt er das Symbol des vorenthaltenen Rechts.

Eine Wertung gibt es, wenn alle Rechte eines Kindes abgedeckt sind. Die Spielkärtchen haben die Werte 1, 2 oder 3 – so wird addiert, wer welchen Hilfsbeitrag geleistet hat. Der Spieler mit der größten Summe erhält entsprechend viele „großen“ Punkte, die Mitspieler erhalten „kleine“ Punkte.

„Große“ oder „kleine“ Punkte bedeutet, dass man mit seiner entsprechenden Figur auf der Siegpunktleiste ziehen muss – jeder hat nämlich eine Kinder- und Erwachsenenfigur. Zwischen ihnen gilt eine „Solidaritätsregel“ – sie dürfen nie mehr als vier Schritte voneinander entfernt stehen.

Kimaloé versucht gleichzeitig solidarisch zu sein, als auch den Wettbewerb zwischen den Mitspielern zu organisieren. Es ist eben kein kooperatives Spiel, obwohl dieses Spielegenre momentan besonders „angesagt“ ist (beispielsweise mit Pandemie). Das irritiert ein wenig. Im Spiel helfen wir den Kindern – und streiten und gleichzeitig wie konkurrierende Hilfsorganisationen darum, wer den größten Teil des Kuchens verschiedener Hilfsprojekte abbekommt. Das mag realistisch sein, ist aber nicht das eigentliche thematische Ziel.

Kimaloé ist ein eher trauriges Spiel. Immer wenn ein Kind in die Wertung kommt, wird die Karte umgedreht und der Text vorgelesen. Dort steht, wo das Kind lebt und unter welchen Umständen es aufwächst. Ihm wurde geholfen – aber es gibt sofort ein neues Projekt: ein neues Kind wird an das Spielbrett angelegt.

Es gewinnt, wer zuerst 20 Punkte erreicht. Er hat dann die so genannte „ideale Welt“ erreicht – behauptet pathetisch die Spielanleitung. Das stimmt allerdings weder im Spiel noch in der Realität: durch Entwicklungshilfe kann man punktuell helfen, aber keine „heile Welt“ schaffen. Und auf dem Spieltisch liegen immer noch die Karten einiger Kinder, deren Rechte nicht gewährleistet sind.

Trotzdem ist Kimaloé ein faszinierendes Spiel. Es wirkt überhaupt nicht wie eine Auftragsarbeit, bei der der Spielablauf hinter der Thematik zurückstehen musste. Sondern die Spielmechanik ist bemerkenswert gut und bietet einige taktisch interessante Aspekte – auch wenn der Zufallsfaktor hoch ist. Kimaloé richtet sich zwar thematisch an Kinder – ist aber vom Ablauf her überhaupt kein „Kinderspiel“. Die mitspielenden Kinder sollten mindestens acht Jahre alt sein. Wenn sie sich darauf einlassen, erleben sie ein Spiel, das so gar nicht „spielerisch“ ist. Sondern es wird ein sehr wichtiges Thema bearbeitet – das ist da große Verdienst von Kimaloé.

© Harald Schrapers · games we play 2009