games we play

Oltre Mare

schön: 5 Punkte Venezianische Händler zwischen Orient und Okzident

von Emanuele Ornella

Amigo

ca. 23 €

bis 5 SpielerInnen

–nicht mehr lieferbar –

Schwierigkeitmittel (ab ca. 12 Jahre)

Verpackung −

2006

Hafenstädte an der Adria, dem östlichen Mittelmeer, der Ägäis und dem Schwarzen Meer sind die Punkte, die wir mit unseren Segelschiffen anfahren. Als venezianische Händer wollen wir „jenseits des Meeres“ (Oltre Mare) Prestige gewinnen und viele Ducati verdienen.

Gehandelt wird mit Fracht-Spielkarten, die von seltenen Edelsteinen bis hin zur Massenware „Getreide“ sieben unterschiedliche Waren repräsentieren. Ähnlich wie bei dem genialen Kartenspiel-Klassiker Bohnanza geht es nicht nur thematisch ums Handeln, sondern auch im Spielablauf. Wir SpielerInnen können mit unseren Karten untereinander handeln, sie tauschen, sie verschenken und sogar noch ein paar Ducati dazu geben. Wer es schafft, mit der jeweils aktiven SpielerIn einen Handel abzuschließen, gewinnt zudem einen Prestigepunkt.

Die Ähnlichkeiten zwischen Oltre Mare und Bohnanza gehen noch weiter. Der Wert einer Frachtkarte steigt mit der Menge gleicher Karten – und dieser Anstieg ist zudem von der Häufigkeit einer Ware abhängig. Beispielsweise ist eine Karte „Tonwaren“ einen Ducato wert, zwei Karten zählen zusammen drei Ducati und für drei Tonkrüge gibt es sechs.

Wenn ich an der Reihe bin, muss ich eine bestimmte Anzahl an Karten auf meinen so genannten „Frachtstapel“ legen. Die Zahl steht auf meiner in der Runde zuvor zuletzt abgelegten Karte. Mein Ziel ist es, dass in dem Kartenstapel die selbe Warensorte möglichst oft hintereinander folgt. Nur dann zählen die Karten als gemeinsame Warengruppe mit dem ansteigenden Wert.

Durchgucken darf ich mir meinen Frachtstapel während des Spiels nicht, er wird erst bei der Wertung „geöffnet“. Dies ist ein kleiner Memory-Effekt, der nicht so recht zu diesem Spiel passen mag.

Noch ein zweites Regeldetail fällt aus dem Rahmen eines ansonsten äußerst stimmig gestalteten Spiels: Beim Verhandeln über den Tausch von Warenkarten dürfen die SpielerInnen „schummeln“. Zwar müssen sie die Wahrheit über die Warensorte sagen. Aber sie können wahrheitswidrig behaupten, es sei keine Piratenfahne auf der Karte aufgedruckt. Ein Pirat würde einen Minuspunkte bedeuten.

Nur durch die Aktionssymbole auf den Frachtkarten findet überhaupt das Spielbrett statt – denn eigentlich ist Oltre Mare ein Kartenspiel. Immer wenn ein Schiffssymbol auf meiner ausgespielten Karte zu finden ist, darf ich mein Schiff auf dem Brett zum nächsten Hafen bewegen und mir dort einen Bonusmarker nehmen.

Oltre Mare ist ein überaus interessantes Handelsspiel. Dass mein Urteil am Ende doch nur für ein äußerst knappes „gut“ reicht, liegt an der Ähnlichkeit mit Bohnanza. Denn dieses Kartenspiel zeigt, dass man es mit knapperen Mitteln wesentlich besser machen kann. Oltre Mare hat eine vergleichsweise viel größere Auswahl an Spielelementen, taktischen Varianten und Regeldetails. „Diese Kombination von allem und jedem verhindert eindeutige Strategien und sorgt eben dafür, dass dieses Kartenspiel viel mehr ist als ein Kartenspiel“, schreibt Michael Knopf auf siegpunkt.de. Da hat er zwar recht, doch gleichzeitig muss ich feststellen, dass ein Mehr an Komplexität nicht automatisch ein besseres Spiel schafft.

Der italienische Autor Emanuele Ornella hatte sein Oltre Mare im Eigenverlag Mind the Move herausgegeben und erstmals auf der Essener Spiel ’04 präsentiert. Amigo hat das Spiel später in einer attraktiv überarbeiteten Neugestaltung – inklusive einer diffizilen Karton-Bastelarbeit für die Schiffsfiguren – für ein großes Publikum produziert.

© games we play 2006–10 - Autor: Harald Schrapers