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Piranha Pedro

nett: 4 Punktevon Jens-Peter Schliemann

Goldsieber (Noris) / Annawerk (Redaktion: Team Annaberg)

ca. 18 €

bis 6 SpielerInnen

– nicht mehr lieferbar –

Schwierigkeit sehr einfach (ab ca. 8 Jahre) 

Verpackung ±

Empfehlungsliste Spiel des Jahres 2005

Pedro sitzt auf einer einsamen Insel. Dabei ist er von chronischer Unruhe gepackt. Er läuft mal nach hier und mal nach dort. Leider ist die Insel recht winzig. Da läuft er nach wenigen Schritten ins Meer und schwebt in der Gefahr, von den Piranhas gezwickt zu werden.

Nicht, dass die Spieler wüssten, wohin Pedro eigentlich möchte. Das einzige erkennbare Spielziel ist, dass er möglichst oft ins Wasser fallen soll. Und zwar dann, wenn man selbst gerade nicht an der Reihe ist. Schadenfreude ist die schönste Freude – sagt man.

Die Spieler haben jeweils einen Satz aus zwölf Karten. Mit ihnen können sie Pedro jeweils eins, zwei oder drei Schritte in die vier Himmelsrichtungen ziehen. Ähnlich wie bei Robo Rally – allerdings viel einfacher – legt jeder Spieler verdeckt eine seiner Zugrichtungskarten auf den Tisch. Dann werden die Karten reihum aufgedeckt und Pedro läuft die vorgegebenen Schritte. Damit er nicht sofort ins Wasser platscht, besitzen die Spieler jeweils vier Steine – echte Carrara-Steine. Bevor er nasse Füße kriegt, legt man ihm einen Stein ins flache Wasser, auf den er hüpfen kann.

Gefährlich wird es, wenn ein Spieler keine Steine mehr hat. Dann fliegt Pedro ins Wasser. Der entsprechende Spieler bekommt einen der sieben auf dem Spielbrett liegenden Piranhas. Damit hat er den halben Weg zur Niederlage hinter sich. Beim zweiten Piranha ist Schluss. Er hat verloren, auf einen Gewinner verzichtet das Spiel.

Gekniffen ist immer der letztverantwortliche Spieler. Die mitverantwortlichen Spieler, die vor ihm an der Reihe waren, kommen ungeschoren davon. Dabei war es oft gerade ihr unkalkulierbares Tun, das Pedro in die Falle hat laufen lassen.

Darauf kommt es bei diesem Spiel an: in eine Richtung zu laufen, mit der der nachfolgende Spieler am wenigsten rechnet. Umgekehrt heißt die Herausforderung, immer mit dem Unmöglichen zu rechnen.

Die Gefahr lauert nicht nur dann, wenn die Steine zur Neige gehen. Sondern auch, wenn Pedro auf einen der Piranhas direkt zuläuft und vor Schreck vergisst, einen Stein ins Wasser zu werfen. Dann er latscht direkt auf den Fisch. Oder er erreicht den Rand des Spielbrettes und versucht, diese Grenze zu überwinden. Auch dann gibt es einen Straf-Piranha. Denn die Erde ist eben keine Scheibe, sondern ein 11 mal 15 Felder großes Rechteck.

Immer wenn jemand einen Piranha entgegennimmt, wird das Spiel unterbrochen. Alle Steine werden eingesammelt und anschließend neu ausgegeben. Über die Zahl der Steine entscheidet, welche Spielkarten man übrig behalten hat. Für Karten, mit denen Pedro drei Schritte geht, bekommt man gar keine Steine. Das ist dann die Strafe dafür, dass man in erster Linie die mit deutlich weniger Risiko verbundenen Karten kurzer Reichweite eingesetzt hat. Wer dagegen seine Ein-Schritt-Karten übrig behalten hat, wird mit Steinen belohnt: mit echten Carrara-Steinen.

Die Ausstattung von Piranha Pedro ist also durchaus gewichtig. Ergänzt wird sie durch eine ambitionierte Spielanleitung, die Marcel-André Casasola als witzigen Comic gezeichnet hat.

Das ist durchaus ein lobenswertes Unterfangen. Allerdings handelt es sich bei Piranha Pedro um ein sehr einfaches Spiel. Die schriftliche Spielanleitung – die gibt es auch – braucht gerade mal eine Seite, der Comic kommt auf sechs Seiten.

Simba Toys hatte seine Marke Goldsieber 1995 mittels eines ausgelagerten Redaktions-Teams – TM-Spiele – aufgebaut. Das Team Annaberg verfolgt ebenfalls ein Konzept, redaktionelle Leistungen extern anzubieten und war zuvor für Winning Moves tätig. Goldsieber, inzwischen in der Noris-Spiele-Abteilung untergebracht, hat ein von den „Annabergern“ quasi „schlüsselfertige“ Produkt übernommen, und sogar noch ein Annawerk-Logo vorne auf die Schachtel gemacht.

Herausgekommen ist ein durchaus gelungenes Spiel. Es ist betont einfach, allerdings kann man mit viel Bluff und ein wenig Taktik durchaus den unvorsichtigen Gegner ins Wasser locken. Nicht nur wegen der höheren Siegchance – denn es gibt ja nur einen Verlierer – ist es am spaßigsten, in eher großen Gruppen zu spielen. Allerdings muss es flott voran gehen. Denn man denkt ja nur kurz nach, um eine Karte auszusuchen. Anschließend bewegt sich unser Pedro irgendwie ziemlich sinnfrei von allein über sein Spielbrett – was durchaus witzig sein kann.

© Harald Schrapers 2005-12