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Stone Age

schön: 5 PunkteDas Ziel ist der Weg

von Bernd Brunnhofer (alias „Michael Tummelhofer“)

Hans im Glück (Vertrieb: Schmidt)

ca. 30 € 

2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

Nominiert für das Spiel des Jahres 2008

2. Platz Deutscher Spiele Preis 2008

Was ist der Unterschied zwischen einem steinzeitlichen und einem mittelalterlichen Steinbruch? In der Steinzeit war es ungewiss, ob die Arbeiter überhaupt etwas produzieren – hier entscheiden die Würfel, ob und wie viele Steine man nehmen darf. Im Mittelalter gab es hingegen eine limitierte Zahl an Baustoffkarten, mit denen man eine festgelegte Zahl an Arbeitern in den Bruch geschickt hat. Damit konnte man mit einer bestimmten Anzahl Steine fest kalkulieren.

Der Vergleich zwischen Stone Age und dem mittelalterlichen Die Säulen der Erde (Deutscher Spiele Preis 2007) drängt sich förmlich auf. Michael Menzel durfte für beide Spiele einen Steinbruch und einen Wald zeichnen. Außerdem gibt es eine unverkennbare Ähnlichkeit im Spielablauf: Zuerst setze ich meine Figuren auf dem Spielplan ein, um zu markieren, welche Aktionen ich in der zweiten Spielphase ausführen möchte. Diese Spielanlage scheint im Trend zu liegen und wurde zuletzt auch von Tribun (Essener Scout-Sieger 2007) verfolgt.

Wohin dürfen die Figuren bei Stone Age gesetzt werden? Bis zu jeweils sieben Figuren haben Platz im Wald, in der Lehmgrube, im Steinbruch oder am Fluss, um dort die Rohstoffe Holz, Ziegel, Stein oder Gold zu ergattern. Dies ist jedoch – wie bereits erwähnt – kein Automatismus. Die Zahl meiner Figuren bestimmt, wie viele Würfel ich nehmen darf. Wenn ich die Ziffer 6 würfele, bekomme ich beispielsweise im Wald zwei Holz. Am Fluss gäbe es hingegen nur ein Stück des teuren Goldes.

Der Glücksfaktor bei Stone Age beruht also in erster Linie auf einem archaischen Würfelwurf. Kartenglück spielt eine geringe Rolle, und auf neumodische Ideen, wie das Greifen in den schwarzen Säulen-der-Erde-Sack, wird verzichtet. Beim Würfeln ist trotzdem Mitdenken sinnvoll. So sind die Hölzer effektiver zu erwürfeln, weil  seltener Reste des Würfelwurfs verfallen. Hilfreich sind die Werkzeuge, mit denen die  Würfelergebnisse aufgestockt werden können.

Der Werkzeugmacher, wo nur ein Spieler eine Figur setzen darf, produziert mir dieses Werkzeug. Außerdem gibt es eine Hütte, in der Nachwuchs gezeugt wird. Denn ich starte mit gerade mal fünf Figuren. Wenn ich zwei (!) zur Hütte stelle, wird eine zusätzliche Figur geboren.

Wofür brauche ich Rohstoffe? In erster Linie für die Gebäudekärtchen. Auf ihnen finde ich eine Rohstoffkombination, die ich abgeben muss. Dafür gibt es die ersehnten Siegpunkte. Die Berechnung ist unspektakulär – Holz gibt drei Punkte, analog zur notwendigen Würfelzahl, um den Rohstoff aus dem Wald zu holen. Und für Gold gibt es sechs Punkte.

Ich kann mir mit einer meiner Figuren eine der zwei bis vier Gebäudeplättchen reservieren oder auch eines der vier Zivilisationskärtchen. Letztere haben jeweils einen Soforteffekt – beispielsweise bekommt man einen zusätzlichen Rohstoff – und eine Funktion in Hinblick auf die Schlusswertung.

Soweit habe ich das Spiel in seinen Grundzügen beschrieben. Nur einen Aspekt der Spielregel habe ich weggelassen. Denn ich habe gelernt, dass ich ihn nicht brauche. Eigentlich möchten meinen Figuren regelmäßig etwas essen, wir brauchen also Jäger, Sammler und Ackerbauer. Aber ich verzichte ganz bewusst. Denn wenn ich meine Figuren hungern lasse, kassiere ich pro Runde gerade mal zehn Strafpunkte. Das ist im Vergleich zu dem Aufwand, den ich für die Ernährung von vielleicht acht Figuren betreiben muss, ein Klacks. Außerdem lehne ich mich beim Spielen gerne zurück und liebe es, einfache Strategien zu verfolgen. Wenn ich die Nahrungsbeschaffung ausblende, habe ich es einfacher. Und meine Siegchance ist genauso groß, vielleicht sogar etwas größer.

Voraussetzung ist allerdings, dass sich meine Figuren schnell vermehren. Platz in der Hütte ist nur für einen Spieler, also muss ich entweder in der Sitzreihenfolge vorne sein oder das Glück haben, dass sich die Mitspieler für andere Dinge interessieren. Mit meinem Mehr an Figuren – die sich bekanntlich überhaupt nicht für die Jagd interessieren – kann ich mich anschließend bei der Rohstoffproduktion breit machen. Gleichzeitig ergattere ich mir viele Gebäudeplättchen, um aus Rohstoffen Siegpunkte zu machen und dränge auf ein schnelles Spielende. Flankierend benötige ich Zivilisationskärtchen mit Hüttenbauern (die multipliziere ich mit der Zahl meiner Gebäudekärtchen) und Schamanen (die ich mit der Zahl meiner Figuren multipliziere). Das nennt sich „Hungerstrategie“. Sie ist einfach und effektiv. Sie garantiert keinen Sieg, aber sie ist vergleichsweise mühelos und man kann damit andere leicht überrumpeln.

In der Spielanleitung steht davon kein Wort. Deshalb war sich die Spieleszene zunächst auch nicht sicher, ob man so spielen kann, darf oder soll. Doch Autor Bernd Brunnhofer hat inzwischen erklärt, dass die „Hungerstrategie“ legitim und als Alternativweg zum Sieg beabsichtigt sei.

Wie spielen diejenigen, die die Regelaufforderung, für ausreichend Nahrungsnachschub zu sorgen, ernst nehmen? Sie müssen Figuren auf die Jagdfläche stellen, um dort an Geldmünzen erinnernde Plättchen zu erwürfeln. Und sie sorgen durch eine Figur beim Acker dafür, in jeder Runde ohne weiteren Figureneinsatz  zu ernten.

Komplexer wird das Spiel jetzt dadurch, weil es die Zahl verschiedener Strategien erhöht. Man darf sich bei Stone Age nämlich nicht verzetteln, sondern muss sich auf das eine oder andere konzentrieren. Ich könnte beispielsweise viele Äcker sammeln, dazu passende Zivilisationskärtchen mit Bauern erwerben, und kann anschließend auch noch ein paar Figuren gebrauchen – zu essen ist ja genug da.

Gerne wird auch der Weg über diejenigen Zivilisationskarten gewählt, die ein Kultursymbol beinhalten. Der Besitz mehrerer dieser Symbole potenziert nämlich deren Wert. Nur an diesem Punkt ähnelt Stone Age dem brillanten Sankt Petersburg – dem zuvor einzigen Spiel, das der Hans-im-Glück-Chef Brunnhofer unter seinem Pseudonym Michael Tummelhofer herausgebracht hat. Doch während man in Petersburg auf die potenzierenden Punkte der Adeligen nicht verzichten konnte, geht dies bei Stone Age durchaus.

Genau das ist das tolle an Stone Age: die Vielzahl der strategischen und taktischen Möglichkeiten, bei denen trotz vieler Würfel der Glücksfaktor niemals überhand nimmt. Allerdings muss man einschränkend sagen, dass sich erfahrenen Spielern der Reiz von Stone Age besser und schneller erschließt, als gelegentlichen Spielern. Die Spielregel ist zwar nicht besonders schwierig, aber mit fünf Textseiten, einer Übersichtsseite und einem Beiblatt doch recht lang. Gleichzeitig dauert Stone Age anfangs viel zu lange. Bei gut zwei Stunden Spielzeit kommt zwar keine Langeweile auf, aber knisternde Spannung genauso wenig.

Da Stone Age zudem wenig originell ist und mir auch die Möglichkeit der „Hungerstrategie“ etwas seltsam erscheint, bleibt am Ende das Qualitätsurteil „gut“. Nicht mehr und nicht weniger. In Relation zu der recht kleinen Spieleschachtel, die Stone Age mehr als randvoll befüllt, ist dies sogar besonders positiv herauszuheben.

[ brettspielwelt.de: Stone Age online spielen ]

© Harald Schrapers 2008