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Velo City

geht so: 3 Punktevon Kevin G. Nunn

Abacus

ca. 30 € 

– nicht mehr lieferbar –

3 bis 7 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfachl (ab ca. 10 Jahre)

2010

Ich bin ein bekennender Um Reifenbreite-Fan. Bei keinem anderen Spiel als diesem 1992 als Spiel des Jahres ausgezeichnetem Radrennspiel haben mich die Würfel derart in Bann gezogen. Jetzt ist bei Abacus Velo City erschienen – und Erinnerungen werden wach. Radsport ist wegen der Dopingverseuchung out, deshalb müssen jetzt waghalsige Fahrradkuriere auf die Strecke.

Aber was ist in den Vitamindrink-Dosen, die in Velo City an die Stelle der Um-Reifenbreite-Spielkarten treten? Auch sonst gibt es Ähnlichkeiten mit dem holländischen Klassiker. Es gibt vier Radfahrer pro Team, man fährt im Pulk und im Windschatten, es gibt Ausbruchsversuche. Jedes Team hat einen eigenen Würfel, und wer den Gegner im Pulk mitziehen möchte, darf auch den Würfel des Mitspielers nutzen. Ob es zu meinem Vorteil klappt, entscheidet das Würfelschicksal, abgemildert um die Kraft der Vitamine. Acht Zielfelder gibt es, und es reicht, drei seiner Fahrer ins Ziel zu bringen – damit hat man gesiegt.

Wenn ein Kurierteam schnell einen Vorsprung herausarbeitet und souverän sein drittes Rad ins Ziel bringt funktioniert Velo City. Doch was ist, wenn mehrere Teams gleich gut starten? Da läuft man gerne zwei Schritte vor, ein Schritt zurück und erhält dafür eine Vitamindose. Schließlich steht absurderweise alle hundert Meter ein Kanaldeckel offen, die einen zu diesen Hin und Her veranlasst.

Zwischenzeitlich ziehen die Teams jeweils ihren ersten Radler ins Ziel. Dann versuchen wir unser zweites Velo auf die Zielgerade zu bringen, um es dort zu parken. Bloß nicht ins Ziel bringen – denn wer als Erster seinen zweiten Radler dorthin zieht, darf sich als Verlierer fühlen. Es gewinnt nämlich das letzte zweite Fahrrad! Das hört sich zwar raffiniert an, ist aber ein sinnloses Unterfangen. Also warten wir darauf, dass irgendjemand seinen dritten Fahrer soweit vor den Zielbereich gebracht hat, dass er gezwungen ist, hineinzuziehen. Ich nenne ihn mal Mitspieler A. Ich selbst bin als Spieler B nach ihm dran. Was soll ich tun? Aufgeben? Nein – dann lieber Vorletzter werden und ebenfalls meinen zweiten Fahrer ins Ziel bringen. Spieler C macht das gleiche. D triumphiert, denn er beendet das Spiel mit seinem zweiten Fahrer. Er hat es mit meiner tatkräftigen Unterstützung geschafft, als gefühlter Letzter zu gewinnen. Der Beste ist hingegen Letzter geworden.

Ist das nur eine konstruierte Extremsituation? Nein, sie ist tatsächlich passiert. Und selbst wenn das nicht so oft vorkäme, ist das Spiel viel zu oft von eine gewissen Lähmung ergriffen. Wer sich zuerst bewegt, droht zu unterliegen. Damit entpuppt sich Velo City als große Enttäuschung.

© Harald Schrapers · games we play 2010–20