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Der weiße Lotus

nett: 4 PunkteDie Ruhe vor dem Sturm

von Martin Wallace

TM (Vertrieb: Kosmos)

ca. 27 Euro

- nicht mehr lieferbar -

bis 6 SpielerInnen

Schwierigkeit mittel (ab ca. 12 Jahre)

Verpackung -

2000

Eine heftige Rauferei verspricht der weisse Lotus, bei dem es darum geht, möglichst viele der 31 chinesischen Provinzen in seinen Einflussbereich einzuverleiben. Begonnen wird in den sieben Provinzen des Hinterlandes um im Laufe des Spiels dann schrittweise - in die zum Teil wertvolleren - an der See gelegenen Gebiete zu kommen. Gekämpft wird in den Provinzen um jeweils einen neutralen Gebäudechip. Dabei zählt ein Palast drei Siegpunkte, ein Tempel zwei, während Festung, Reisfeld und Dorf nur einfach zählen. Jeder Spieler besitzt Marker, mit denen er die Gebiete kennzeichnet, in denen er um den Gebäudechip kämpfen möchte. 

Sobald reihum die Marker verteilt sind, wird Gebiet für Gebiet geklärt, wer dort den größten Einfluss geltend machen kann. Wer mit seinem Marker allein in einem Gebiet vertreten ist, darf den neutralen Gebäudechip sofort gegen einen Chip der eigenen Farbe tauschen. Wenn mehrere Spieler sich streiten, dann müssen die Einflusskarten entscheiden. Diese Karten mit den Werten null bis drei werden gleichzeitig auf den Tisch gelegt und dann umgedreht. Da der weisse Lotus aber kein friedliches Spiel ist, reicht es nicht aus, zu gucken, wer der einflussreichste Spieler ist. Sondern der Einfluss muss gezielt gegen einen Mitspieler gerichtet werden. Darum wird den verdeckten Einflusskarten immer auch eine Drachenkarte in einer gegnerischen Farbe zugefügt.

Der Spieler, der die meisten gegnerischen Einflusspunkte auf sich vereint, scheidet aus der Auseinandersetzung über das betroffene Gebiet aus. Damit die Niederlage nicht zu sehr schmerzt, darf er die Hälfte der eingesetzten Einflusspunkte zurück auf die Hand nehmen, während die Mitspieler alle eingesetzten Karten verlieren. Sie ziehen dann mit ihren verbliebenen Karten in die nächste Konfrontation - bis ein Spieler als Sieger die Provinz allein beherrscht.

Der Kampf mit den Einflusskarten steht im Mittelpunkt des Spiels. Duelle sind recht einfach auszutragen, auch hier spielen Bluff und Glück eine wichtige Rolle. Ganz schwierig wird es, wenn sich mehrere Spieler streiten. Hier gilt es mehrere Bietrunden durchzustehen - und dabei braucht man schon verdammt viel Glück.

Leider liegt hier ein Schwachpunkt des Spiels. Mit Pech verliert man ständig knapp den Kampf um jedes der Gebiete, ist abgeschlagen und kann dies im Lauf des Spiels nur noch schwer ausgleichen. Außerdem dauern die Bietrunden recht lang und sind nicht immer wirklich fesselnd.

TM hatte mit dem einfachen Kartenspiel Und tschüss in der damals von ihnen redaktionell verantworteten Goldsieber-Reihe erstmals ein Wallace-Spiel in Deutschland veröffentlicht. Zu Hause in England entwickelt Martin Wallace für seinen Eigenverlag Warfrog jedoch eher komplexere Spiele. Mit diesen Spielen kann der weisse Lotus sicherlich nicht verglichen werden. Er ist weitaus einfacher und eingängiger konstruiert. Fast könnte von einem stimmigen Spiel gesprochen werden, das den Freunden handfester Auseinandersetzungen uneingeschränkt empfohlen werden kann - doch leider funktioniert das Spiel bei der angegebenen Maximalspielerzahl nur sehr eingeschränkt. Zwar gibt es für das Sechs-Personen-Spiel zusätzliche Provinzen auf dem Spielplan, doch leider reicht der Spannungsbogen nicht weit genug. Somit muss das Urteil über ein empfehlenswertes Vier-Personen-Spiel in der Gesamtbetrachtung dann doch etwas zwiespältig ausfallen.

© Harald Schrapers 2000-03